Mittwoch, 2. Mai 2012

Die einen kommen die anderen gehen.


Heute ein Besuch bei meinen Eltern, meine Mutter hat eifrig ausgemistet und nun stehen in ihrem Wohnzimmer mindestens 10 Umzugskartons, eine neue Wohnung haben sie allerdings noch nicht gefunden. Sie sind sich generell nicht sicher was sie eigentlich wollen. Der Grundgedanke war ursprünglich einmal ein generationenübergreifendes wohnen wobei ich mit meinem Vater nur mäßig kompatibel bin, ein Haus für sich allein wollen sie nicht mehr und eine Eigentumswohnung schränkt den Freiheitsdrang meines Vaters wiederum zu sehr ein. Es müsste schon eine Hütte in den Bergen sein, gleichwohl so eine in der mein Vater geboren wurde.

Im letzten Urlaub waren wir nur unweit davon in einer Ferienwohnung untergebracht. Und nach ca. 15 Jahren war ich das erste mal wieder dort. Es steht nicht mehr viel von dieser Hütte. Der Zahn der Zeit, die Jahreszeiten und das Wetter nagen an Holz und Stein. Das Dach hängt in der Mitte durch, dazwischen klaffen große Löcher. Die Natur hat sich Stück für Stück vorangearbeitet und überwuchert nun Küche und Hauswirtschaftsraum fast vollständig. Konnte man vor Jahren noch in das Haus gehen, so ist nun das Dach eingebrochen und auch die Außenmauern stehen nur zur hälfte. Das Bett meiner Großmutter hängt quer von den Resten der oberen Holzdecke herunter und ist seltsam verdreht. Genau in diesem Bett wurde mein Vater geboren. Vor meinem geistigen Auge und aus dem Gedanklichen konstruierte ich mir in diesem Moment wie es einmal ausgesehen hat. Obstbäume und wilde Wiese, ein paar Hühner hier und da, der Hund in dessen Hütte sich mein Vater vor der Großmutter versteckte. Es war ein hartes Leben und es war ein einfaches Leben aber es hatte sein ganz eigenes Glück. Generell lausche ich gerne diesen alten Geschichten und bin oft traurig dass ich meine Großmuter nicht öfters über die damalige Zeit ausgefragt habe.

Das Interesse an meinen Vorfahren kam erst später, einmal als Jungendliche hatte ich mir schon meinen Stammbaum zusammen geschrieben, finde aber leider diese Notizen nicht mehr. Wertvolles Wissen ging damit verloren, im Geheimen hoffe ich immer noch es nur irgendwo abgeheftet zu haben und es bei der durchsicht meiner Unterlagen wieder zu finden. Mich fasziniert dabei in erster Linie der Gedanke dass ich ein direkter Nachkomme bin und sich im Laufe der Jahrhunderte das Schicksal dafür entschieden hat diesen Zweig weiter wachsen zu lassen. Ich wiederum trage nun dann und wann Informationen lose zusammen damit dieses kleine Wissen nicht zum erliegen kommt.

Meine Großmutter starb vor 8 Jahren und ich vermisse sie schrecklich, das kann mir keiner zurückgeben und mit dem älter werden kommt die Erkenntnis Jahr für Jahr näher das, dass Leben endlich ist. Erst sind es Großeltern und Eltern, Freunde die vielleicht durch ein Unglück ums Leben kommen und schlussendlich wir selbst. Selig diejenigen die nicht so ausführlich über das klamme Gefühl ihres eigenen Ablebens denken. Mein Vermächtnis ist wohl die nächste Generation an unserem Lebensbaum, meine Tochter die den Namen Ihrer Ur-Großmutter trägt, ein Stück von mir das in Ihr weiterleben darf.


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